Rekordniveau bei rechtsextremen Straftaten 2020

Datum: 29.04.2021

Kategorie: Publikation

Hasskriminalität, rechtsextreme und antisemitische Gewalt: Darüber berichten die Landtags-Grünen in ihrem "Lagebild Rechtsextremismus in Bayern 2020", das sie nun vorgestellt haben. In einem Bereich gab es demnach eine besonders starke Zunahme.

Mit dem Lagebild Rechtsextremismus dokumentiert die Fraktion von Bündnis90/Die Grünen im Bayerischen Landtag seit dem Jahr 2014 jährlich die jeweils aktuellen Gefahren durch den Rechtsextremismus in Bayern und fordern entsprechende Gegenmaßnahmen von Seiten der Staatsregierung und der zuständigen Sicherheitsbehörden.

Im Jahr 2020 sind die rechtsextremistisch motivierten Straf- und Gewalttaten mit 2.455 Delikten wieder deutlich gestiegen und haben sogar das Rekordniveau der Jahre 2015 und 2016 übertroffen. Dies betrifft sowohl die Zahl der Straftaten (ohne Gewaltdelikte) die um 16 Prozent auf 2.372 Delikte angestiegen sind, als auch die Zahl der Gewaltdelikte, die um rund ein Drittel auf 81 Taten gewachsen ist. 103 Personen wurden im vergangenen Jahr in Bayern Opfer rechtsextremer Gewalttaten.

Der Hass richtet sich dabei besonders gegen Flüchtlinge und Migrant*innen - hier wurden 477 rassistisch motivierte Straftaten registriert – sowie gegen Menschen jüdischen Glaubens – wo mit 353 antisemitischen Straftaten ebenfalls ein trauriger Rekord zu verzeichnen ist. Auch die Fallzahlen im Bereich der ‚Hasskriminalität‘ haben sich mit 1.328 Delikten im vergangenen Jahr annähernd verdoppelt.

Besonders stark haben mit 703 Delikten die Straf- und Gewalttaten gegen Amts- und Mandatsträger*innen zugenommen. Im Schnitt ereignen sich also jeden Tag fast sieben rechtsextremistisch motivierte Straf- und Gewalttaten in Bayern.

Besonders virulent ist in den vergangenen beiden Jahren die Bedrohung durch rechten Terrorismus. Dies hat sich mit dem eiskalten Mord an dem hessischen Regierungspräsidenten Walter Lübcke, mit dem antisemitischen Anschlag auf die Synagoge in Halle und dem rassistischen Attentat auf Besucher*innen von Shisha-Bars in Hanau, auf schreckliche Weise bestätigt.

Auch in Bayern ist die Bedrohung durch rechten Terror akut. Dies zeigen die Aushebung der rechtsextremen Terrorgruppe um den Augsburger Werner S., die Verhaftung und Verurteilung des Anführers der neonazistischen Terrorgruppe ‚Feuerkrieg-Division‘ aus dem oberpfälzischen Landkreis Cham sowie die Verhaftung einer Aktivistin der rechtsextremen Kaderpartei ‚Der Dritte Weg‘ aus dem Raum Nürnberg aufgrund von Anschlagsplänen mit terroristischem Potenzial.

In Bayern liegt das Potenzial des gewaltbereiten Rechtsextremismus laut Einschätzung der Sicherheitsbehörden bei etwa 1.035 Personen. Trotz der zahlreichen Verhaftungen im Zusammenhang mit rechten Terrorgruppen, Waffenschmuggel in rechtsextreme Kreise und der mörderischen Anschläge der vergangenen Zeit werden immer noch nur fünf Personen in Bayern von den zuständigen Behörden als ‚rechtsextreme Gefährder‘ eingestuft und mit besonderen Überwachungsmaßnahmen belegt.

Unter dem Eindruck der SARS-CoV-2-Pandemie hat sich die rechte Szene in Bayern im letzten Jahr weiter gewandelt. Durch die pandemiebedingten Beschränkungen mussten klassische Aktivitäten wie Kundgebungen, Demonstrationen, Veranstaltungen und Konzerte, stark zurückgefahren werden. Gleichzeitig haben die Proteste gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie einen enormen Mobilisierungsschub ausgelöst und für rechtsextreme, rassistische und antisemitische Interventionen und die Verbreitung entsprechender Verschwörungstheorien ein großes Resonanzfeld eröffnet.

Die Corona-Proteste und die ‚Querdenker-Bewegung‘ haben sich in einem rasanten Tempo zu einer grundlegenden Ablehnung des politischen Systems, seiner gewählten Repräsentanten und der gesamten Medienlandschaft radikalisiert. Mittlerweile wird in Teilen der Szene auch ein gewaltsames Vorgehen gegen die angebliche ‘Corona-Diktatur’ für legitim gehalten. Eine Abgrenzung gegenüber organisierten Rechtsextremisten und demokratiefeindlichen Verschwörungstheoretikern hat es in der Bewegung von Anfang an nicht gegeben.

Zum Lagebild als Download

Auf einem braunen Papier ist eine Timeline mit den Jahreszahlen von 2019 bis 2023 abgedruckt. Das Jahr 2020 ist blau markiert und eine blaue Pinnnadel steckt im Papier, dem Jahr als der Anschlag in Hanau begangen wurde.
Zurück

Weitere Informationen