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Rechtsextremismus wird immer normaler

Der Bundesverband Mobile Beratung hat seinen Jahresrückblick vorgestellt – die wichtigsten Erkenntnisse

Rechtsextremismus hat sich dieses Jahr weiter im Alltag verfestigt. Das zeigt der Jahresrückblick 2025 des Bundesverbands Mobile Beratung, den der Verband in der Bundespressekonferenz in Berlin vorgestellt hat. Die wichtigsten Botschaften: Die Normalisierung des Rechtsextremismus ist in kürzester Zeit weit vorangeschritten. Menschen, die sich dagegenstellen, brauchen mehr denn je Unterstützung.

Der Jahresrückblick mit dem Titel „Wie sich Rechtsextremismus im Alltag festsetzt – und Engagierte dagegenhalten“ fasst die Erkenntnisse von rund 50 Mobilen Beratungsteams in allen 16 Bundesländern zusammen. Er beschreibt, wie sich die extreme Rechte entwickelt hat und was Engagierte dagegen unternommen haben. 

In der Bundespressekonferenz stellte Romy Arnold, Mobile Beraterin in Thüringen, den Jahresbericht mit Matthias Quent, Professor für Soziologe und Leiter des Instituts für demokratische Kultur an der Hochschule Magdeburg-Stendal, und Theresa Donner, Buchhändlerin und Mitinitiatorin des „Wir-Festivals“ in Halle/Saale vor. 

Die zentralen Erkenntnisse aus Sicht des Bundesverbands: 

  • Die extreme Rechte hat sich im Alltag verfestigt: Die AfD ist zweitstärkste Kraft im Bundestag, kann mit weitaus mehr Geld und Personal die Politik beeinflussen und hofft erstmals auf eine Regierungsbeteiligung im Osten. Ihre neu gegründete Jugendorganisation ist noch enger mit dem rechtsextremen Vorfeld vernetzt als zuvor. Junge Neonazis – darunter auch 10- bis 12-Jährige – haben ihren Einfluss an Schulen ausgebaut, demokratische Mitschüler:innen eingeschüchtert und in lose organisierten, aber gewaltbereiten Gruppen politische Gegner:innen attackiert. Etablierte Neonazi-Strukturen haben versucht, die Jugendlichen an sich zu binden und eine neue Generation überzeugter Neo-Nationalsozialist:innen zu formen – teils mit Erfolg.
  • Ob in Schulen, Vereinen, Bündnissen oder Behörden: Demokratisch Engagierte gehen besorgt aus dem Jahr heraus. Angriffe auf ihre Arbeit gehen immer häufiger auch von demokratischen Politiker:innen aus, die viel beschworene „Brandmauer“ zur AfD hat tiefe Risse und es ist deutlich schwieriger geworden, Rechtsextremismus zu problematisieren. Entsprechend hoch ist der Bedarf an Unterstützung: Die Anfragen an die Mobile Beratung haben 2025 ein neues Rekordhoch erreicht. Auch die Intensität und Komplexität der Fälle hat zugenommen.
  • Über 200 Mobile Berater:innen in rund 50 Teams haben Engagierte bundesweit unterstützt: Zum Beispiel halfen sie Lehrkräften dabei, rechtsextreme Vorfälle aufzuarbeiten, klärten über das „Neutralitätsgebot“ auf und unterstützten Verwaltungen dabei, Sicherheitskonzepte zum Schutz von Mitarbeitenden zu entwickeln. Viele Berater:innen berichten von einer enormen Arbeitsbelastung und sind zugleich überzeugt, dass es diese Arbeit aktuell mehr denn je braucht.
  • Inmitten aller Herausforderungen haben sich Menschen für Demokratie eingesetzt: Viele sind gerade jetzt motiviert, Haltung zu zeigen. Mit Protesten haben Engagierte rechtsextremen Veranstaltungen widersprochen, mit Festivals und Kulturveranstaltungen neue demokratische Räume geschaffen und an Schulen haben Lehrkräfte Formate erarbeitet, um demokratische Jugendliche zu stärken. Fakt ist aber auch: Wo die extreme Rechte besonders stark ist, waren Engagierte 2025 vor allem mit Abwehrkämpfen befasst.
  • Die Lage ist ernst und muss als ernst erkannt werden: Rechtsextremismus untergräbt unsere Demokratie und alle sind gefordert, sie zu verteidigen – mit Solidarität und Rückendeckung für marginalisierte Gruppen, mit Investitionen in Bildung und Jugendarbeit und mit einer verlässlichen Finanzierung der Opfer- und Ausstiegsberatung sowie der Mobilen Beratung. Vier Wochen vor dem Jahreswechsel wissen die Beratungsstellen nicht, ob sie 2026 weiterarbeiten können. Noch gibt es keine Förderzusagen. Für Menschen, die sich gegen Rechtsextremismus und für Demokratie engagieren, bedeutet das eine unsichere Perspektive für das kommende Jahr.
In der Bundespressekonferenz in Berlin (von links): Romy Arnold, Mobile Beraterin in Thüringen, stellt mit Theresa Donner, Buchhändlerin und Mitinitiatorin des „Wir-Festivals“ in Halle/Saale, und Matthias Quent, Professor für Soziologe und Leiter des Instituts für demokratische Kultur an der Hochschule Magdeburg-Stendal, den Jahresbericht des Bundesverbands Mobile Beratung vor. © Bundesverband Mobile Beratung