Nur was für Expert:innen!? Rechtsextremismus und Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit als Herausforderungen für Soziale Arbeit und Pädagogik

Art: Fachtagung

Datum: 24.05.2022

Uhrzeit: 09.00 Uhr

Veranstalter: F.U.E.R. – Familien-, Umfeld- und Elternberatung zu Rechtsextremismus

Ort: Jugendherberge Nürnberg, Burg 2, 90403 Nürnberg

Im Zuge der Corona-Pandemie sind Verschwörungserzählungen, Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit (GMF) und Rechtsextremismus verstärkt in den Alltag der medialen Berichterstattung, aber auch in den (sozial-)pädagogischen Alltag gerückt.

War Rechtsextremismus lange Zeit nur in Einzelfällen ein Beratungsgegenstand, so werden (Sozial-)Pädagog:innen aktuell vermehrt mit demokratie- oder menschenfeindlichen Haltungen oder extrem rechten Aktivitäten ihrer Adressat:innen konfrontiert. Hieraus ergeben sich Fragen zu den Grenzen des eigenen Auftrags und zu Handlungssicherheit.

Mit dem Fachtag möchten wir uns diesen Grenzziehungen aus verschiedenen Perspektiven annähern. Dazu werden wir am Vormittag mit zwei Impulsvorträgen der Frage nachgehen, wo Möglichkeiten und Grenzen der Sozialen Arbeit und Beratung im Umgang mit Rechtsextremismus und GMF liegen. Der Nachmittag widmet sich mit drei parallelen Workshops den Hinwendungsfaktoren zur extremen Rechten, der medialen Verbreitung von extrem rechten Inhalten, beispielsweise in Klassenchats, und dem Thema Kindeswohlgefährdung in neonazistischen Familien. Dabei wird jeweils der Frage nachgegangen, an welchen Stellen (Sozial-)Pädagog:innen Berührungspunkte zu diesen Themenfeldern haben und wie hier Handlungssicherheit generiert werden kann.

Programm

09:00 – 09:45 Uhr Anmeldung und Ankommen mit Stehcafé

09:45 – 10:00 Uhr Begrüßung

Landeskoordinierungsstelle Demokratie leben! Bayern gegen Rechtsextremismus (LKS) und F.U.E.R. – Familien-, Umfeld- und Elternberatung zu Rechtsextremismus

10:00 – 11:00 Uhr Akzeptieren?! – Konfrontieren?! Zum Umgang mit extrem rechten Phänomenen in der Sozialen Arbeit

Vortrag von Prof. Dr. Michaela Köttig, Frankfurt University of Applied Sciences, Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Soziale Arbeit

Es beginnt sich endlich etwas zu bewegen... Seit einigen Jahren ist zu beobach- ten, dass das Thema Rechtsextremismus in der professionellen und disziplinären Auseinandersetzung Sozialer Arbeit breiter diskutiert wird. Dies ist einerseits eine erfreuliche Entwicklung, da darüber im Kontext Sozialer Arbeit die vielfäl- tigen Ebenen der „Betroffenheit“ genauer betrachtet werden. Auf der anderen Seite weist dieser nun breiter geführte Diskurs auch weiterhin noch erhebliche Lücken auf. In dem Vortrag wird zunächst die Entstehungsgeschichte im Umgang Sozialer Arbeit mit der extremen Rechten vorgestellt.

Es wird auf Konzepte wie den „akzeptierenden Ansatz“ und „konfrontierende He- rangehensweisen“ eingegangen und die damit verbundenen Problematiken im Umgang mit extrem rechten Jugendlichen diskutiert. Daran anschließend werden Alternativen aufgezeigt, gegenwärtige Herausforderungen skizziert und erste Schlussfolgerungen für zukünftige Perspektiven abgeleitet.

11:00 – 12:00 Uhr Zum Verhältnis und zur Bedeutung von Geschlecht im Rechtsextremismus

Vortrag von Prof. Dr. Johanna Sigl, Hochschule RheinMain in Wiesbaden, Forschungsnetzwerk Frauen und Rechtsextremismus

Der Impulsvortrag thematisiert Fragen nach der Bedeutung von Geschlecht im Kontext von Rechtsextremismus und möchte dabei aufzeigen, dass geschlechts- bezogene Abwertungen Bestandteil extrem rechter Ideologien wie auch Hand- lungsmotivationen sind.

Nach einer Einführung in die Erscheinungsformen und die Themen, die innerhalb der extremen Rechten auch im Rückgriff auf Diskurse über Geschlecht bearbeitet werden, blickt der Vortrag gezielt auf Handlungsfelder der Sozialen Arbeit. Die unterschiedlichen Akteursebenen werden hierbei in den Blick genommen und an Beispielen wird aufgezeigt, wie Geschlecht zu einer relevanten Analysekategorie für das Verstehen rechtsextremer Orientierungen und Dynamiken werden kann. Bedeutung erlangt dabei auch eine biografieanalytische Perspektive, die sich als unterstützend für mögliche Verstehensprozesse erweist.

Der Annahme folgend, dass unsere eigene Arbeit nur so geschlechterreflektie- rend sein kann, wie es unsere Vorannahmen zulassen, möchte der Vortrag auch zur Reflexion der eigenen Geschlechterstereotype anregen.

12:00 – 13:00 Uhr  Mittagspause

13:00 – 15:00 Uhr Workshops

Workshop I: Hinwendungsmotive zu extrem rechten Handlungs- und Einstellungsmustern

Dr. Andreas Prokop & Tobias Lehmeier, Bundesarbeitsgemeinschaft Ausstieg zum Einstieg e.V.

Die Hinwendung zu extrem rechten Einstellungs- und Handlungsmustern ist ein komplexer Prozess, dessen Ermöglichungsbedingungen individuelle und gesell- schaftliche Faktoren betreffen. Beim Workshop der BAG Ausstieg sollen diese Prozesse anhand theoretischer Vorüberlegungen erläutert und mit konkreten Beispielen aus der Praxis nachgezeichnet werden. Anknüpfend daran wollen die Referenten gemeinsam mit den Teilnehmenden anhand von Methoden der Aus- stiegs- und Distanzierungsarbeit Möglichkeiten der Intervention im Prozess der Hinwendung ausloten. Der Workshop ist praxisorientiert und soll den Teilnehmen- den auch konkret umsetzbare Werkzeuge für die Auseinandersetzung mit extrem rechten Einstellungs- und Handlungsmustern an die Hand geben.

Workshop II Handlung! Sicher! Umgang mit Rechtsextremismus und Kindeswohlgefährdung in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe

Fachstelle Rechtsextremismus und Familie (RuF), LidiceHaus Bremen

Eine Mutter kommt in rechter Szenekleidung in eine Einrichtung. Kinder malen Runen während des Grundschulunterrichts. Die Formen und Themen mit denen Fachkräfte im Alltag von Jugendamt, Kita, Hort und Krippe mit alltagsrassistischen aber auch „Neu Rechten“ Erscheinungsformen konfrontiert sein können, sind un- terschiedlich. Sie eint die Frage, was solche Haltungen oder gar eine Zugehörigkeit zu einer extrem rechten Szene mit Kindern in diesen Familien macht.

Dieser Workshop bietet eine Analyse zu Rechtsextremismus und Kindererzie- hung. Darin werden Fragen bearbeitet wie: Wie erkenne ich einen rechtsextremen Familienkontext? Wie umgehen mit rechtsextremen Eltern? Was heißt es für Kin- der in rechtsextremen Familien groß zu werden? Wann liegen womöglich Hinweise auf eine Kindeswohlgefährdung vor? Aber auch: Wo sind pädagogische Ansätze und ein fachlicher Standpunkt gefragt, auch wenn keine juristische Kindeswohl- gefährdung vorliegt?

Der Workshop möchte Fachkräfte in ihrer Handlungssicherheit bestärken. Der Balanceakt zwischen Erziehungspartnerschaft und Grenzziehung ist oftmals schwierig. Anhand von konkreten Fallbearbeitungen werden praxisnahe Hand- lungsmöglichkeiten erarbeitet.

Workshop III Was machen wir denn jetzt? Wie umgehen mit rechten, rassistischen, antifeministischen und antisemitischen Inhalten in Chats?

Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus in Bayern

Rechtsextreme Symbole, sexistische Bilder und menschenverachtende Memes sind Alltag im digitalen Umgang von Jugendlichen. Neben der Frage woher diese Inhalte kommen und welche Auswirkungen sie haben, werfen menschenfeindliche Inhalte in Chatgruppen/Klassenchats Fragen nach einem geeigneten Umgang auf:

Welche digitalen Umgangsregeln helfen eine respektvolle Kommunikation in sozia- len Medien zu sichern? Wie kann man Zivilcourage stärken und den Widerspruch zu menschenfeindlichen Inhalten in Chatgruppen ermöglichen? Wie können Schulen und Pädagog:innen mit diesen Inhalten umgehen?

Im Workshop wird der Frage nach einem konkreten Umgang mit rechten und men- schenfeindlichen Inhalten in Kommunikationsmedien nachgegangen. Mit einem Blick auf Medienkompetenzen und Mediensensibilität ist es den Referierenden wichtig, die oft gezogene Grenze von offline- und online-Konflikten zu hinter- fragen und eine dauerhafte Stärkung von demokratischer und menschenfreund- licher Alltagskultur als Ziel zu setzen. Der Workshop hat einen Fokus auf den Schulalltag, bietet aber auch eine generelle Hilfestellung für den Umgang mit menschenfeindlichen Inhalten in Chatgruppen.

15:00 – 15:30 Uhr Kaffeepause

15:30 – 16:15 Uhr „Und jetzt?!“ – das Beratungsnetzwerk Bayern gegen Rechtsextremismus und Best Practice Beispiele stellen sich vor

16:30 Uhr Ende der Veranstaltung

Zielgruppe

Der Fachtag richtet sich an Sozialpädagog:innen und pädagogische Fachkräfte an Schulen, in der Familienhilfe, Kinder- und Jugendhilfe, Kinder- und Jugendarbeit sowie an Fachkräfte in Beratungsstellen.

Anmeldung

Eine Anmeldung ist bereits jetzt möglich unter https://eveeno.com/fachtag-fuer

Die Teilnahme ist kostenfrei. Auf Wunsch kann eine Teilnahmebestätigung ausgestellt werden.

F.U.E.R.

Die Familien-, Umfeld- und Elternberatung zu Rechtsextremismus ist ein bayernweites Beratungsangebot der Landeskoordinierungsstelle Demokratie leben! Bayern gegen Rechtsextremismus.

F.U.E.R.
c/o Landeskoordinierungsstelle Bayern gegen Rechtsextremismus
Herzog-Heinrich-Straße 7
80336 München
Tel.: 089-244 109 390
kontakt@beratung-fuer.de
www.beratung-fuer.de

Einlassvorbehalt

Die Veranstalter:innen behalten sich gem. Art. 10 Abs. 1 BayVersG vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, der rechts- extremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, bzw. durch solche Äußerungen stören, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszu- schließen. Es wird gebeten, keine Ton- und Bildaufnahmen während des Fachtags mitzuschneiden.

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